Es folgt der zweite Teil der Zusammenfassung des Textes „Ästhetik des Performativen“ von Erika Fischer-Lichte (2004, S. 448-454).
Laut Fischer-Lichte (2004, S. 448-249) wird seit den sechziger Jahren von Performance- und Theater-Künstler die Ansicht vertreten, dass Kunst Realität widerspiegelt. Dies steht im Gegensatz zur Tradition der Autonomie der Kunst, die besagt, dass Kunst strikt von der Wirklichkeit zu unterscheiden ist.
Fischer-Lichte betont (2004, S. 449), dass eine Aufführung immer ein „spezifisch sozialer Prozeß“ ist und somit auch gleichzeitig eine „spezifisch soziale Wirklichkeit“ geschaffen wird. Des Weiteren entstehen politische Prozesse, wenn ein Machtgefüge entsteht. Die Autorin führt folgendes Beispiel an: „Wann immer James Griffith in Commune Zuschauer dazu aufforderte, in den Kreis zu treten, um die Dorfbewohner von My Lai darzustellen, war dies ein politischer Akt“ (Fischer-Lichte, 2004, S. 449). Die Trennung von Ästhetik und Politik ist nicht denkbar (Fischer, 2004, S. 450).
Die Opposition von Ästhetik und Ethik wird im Laufe der sechziger Jahre ebenfalls aufgehoben (Fischer-Lichte, 2004, S. 450). Das Publikum nimmt aktiv an Aufführungen teil und ist zum Handeln gezwungen. Dies steht im Gegensatz zu Schiller und Brechts Vorstellungen, dass Aufführungen als Impuls dienen, um im Leben außerhalb des Theaters zu agieren (Fischer-Lichte, 2004, S. 450).
Fischer-Lichte (2004, S. 450) beobachtet in der Gegenwart das Phänomen, dass Menschen im Leben außerhalb des Theater zu passiven Zuschauern geworden sind und auch in prekären Situation nicht eingreifen, um zu helfen. Das Hauptziel der Künstler ist es jedoch, dass sich Zuschauer zum Handeln aufgefordert fühlen und somit Verantwortung übernehmen müssen. Folglich sind Ästhetik und Ethik in Aufführungen nicht voneinander trennbar (Fischer-Lichte, 2004, S. 451).
Ferner hebt Fischer-Lichte (2004, S. 451) hervor, dass Kunst nicht mit Wirklichkeit gleichzusetzen ist, da Aufführungen durch „künstlerische Mittel“ entstehen; gleichwohl sind sie nicht diametral. Die Autorin resümiert: „Die Autonomie der Kunst wird so zum Gegenstand der Selbstreflexion von Aufführungen, auch und gerade wenn diese den Gegensatz zwischen Kunst und Wirklichkeit, zwischen dem Ästhetischen und dem Nicht-Ästhetischen immer wieder kollabieren lassen“ (Fischer-Lichte, 2004, S.452).
Fischer-Lichte (2004, S. 452) behauptet, dass die Ereignishaftigkeit von Aufführungen als „Wiederverzauberung der Welt“ und als „Verwandlung beschreiben lassen.
Es bedarf einer Ästhetik des Performativen hinsichtlich solcher Kunstprozesse, die nicht angemessen durch Wer-,Produktions- und Rezeptionsästhetiken verstanden werden können.
Laut Fischer-Lichte (2004, S. 453) ist die Ästhetik des Performativen auf jede Art von Aufführung, d.h. auch nicht-künstlerische (wie z.B. „Sport“ und „Festkultur“), anzuwenden.
Literatur
Auszug aus Erika Fischer-Lichte, Ästhetik des Performativen, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2004, S. 29f., 281-284, 296-300 u. 315f.